Kinder brauchen Märchen

 

"Das Anhören eines Märchen und das Aufnehmen seiner Bilder kann mit dem Ausstreuten von Samen verglichen werden, von dem nur ein Teil im Gemüt des Kindes Wurzeln schlägt. Einige Samenkörner fallen unmittelbar in sein Bewusstsein, andere setzen unbewusst Vorgänge frei. Weitere müssen lange Zeit ruhen, bis das kindliche Gemüt so weit ist, dass sie keimen können; viele bleiben ganz ohne Wirkung. Die Samenkörner aber, die auf fruchtbaren Boden fallen, wachsen zu schönen Blumen und kräftigen Bäumen heran- sie bestärken wichtige Gefühle, vermitteln Einsichten, nähren Hoffnungen und bewältigen Ängste- und damit bereichern sie das Leben des Kindes in der jeweiligen Zeit und für immer."

 

Bruno Bettelheim

 

Bei den Volksmärchen ist der Aufbau im Wesentlichen immer derselbe.

Sie beginnen mit einer ungelösten Situation, einem Problem oder einer Sehnsucht.

Dann löst sich die Heldin oder der Held aus der Situation und entscheidet sich, eben diese Situation verändern zu wollen.

Nach einer mehr oder minder langen Wanderung kommt Hilfe in Form einer guten Fee, eines hilfreichen Zwerges oder eines Symbols, wie zum Beispiel eines Schlüssels.

Dann folgt der Kampf, das Bestehen der Prüfung, die Lösung der anstehenden Aufgaben. Wenn diese Herausforderungen, nämlich das Erfahrene oder Mitgebrachte bestmöglich in sein Leben einzubringen geschafft wird, dann geht die Reise weiter....

Wenn auch das gelingt, ist das gute Ende erreicht, der anfängliche Mangel behoben, der Held oder die Heldin verheiratet oder sie leben glücklich und zufrieden....- wenn sie nicht gestorben sind. Oder wie schon Oskar Wilde sagte: "Am Ende wird alles gut. Und wenn es noch nicht gut ist, ist es noch nicht das Ende!"

Genau diese Kraft vermitteln uns Märchen und sie geben Hoffnung, Perspektive und Zuversicht in das Leben selbst. Märchen stärken Kinder, geben ihnen kreative Lösungsstrategien und zeigen auf, dass es sich immer lohnt für sich selbst einzustehen und den ureigenen Weg zu gehen.

 

Gegen diese Märchen, die zum Erbe der Menschheit gehören, wird oft der Vorwurf erhoben, sie seien viel zu brutal. Lassen Sie mich das am Beispiel von Hänsel und Gretel beleuchten: Als Erwachsener haben Sie eine Vorstellung davon, was in der Realität passiert, wenn jemand verbrannt wird, wie es in diesem Märchen mit der Hexe geschieht. Wenn Sie die Geschichte hören, die Bilder in Ihnen entstehen lassen und rational ausschmücken, sind ihre inneren Bilder vielleicht erfüllt von Geschrei, verzweifeltem Toben und dem Geruch von verbranntem Fleisch. Ein vierjähriges Kind hat gar nicht dieses Wissen von Begleitumständen des Verbranntwerdens. Die Hexe ist tot und es kann wieder in den Wald gehen, ohne Angst vor Hexen haben zu müssen, da sie ja verbrannt und tot ist.

In dem Märchen von den sieben Raben verliert die Heldin das Hinkebeinchen, mit dem sie den Glasberg hätte aufschließen können, in dem ihre in Raben verwandelten sieben Brüder lebten.

Als Lösung schnitt sie sich den kleinen Finger ab, konnte mit diesem den Glasberg öffnen und ihre Brüder erlösen.

Das ist brutal, wenn man sich die Tat in Technicolor und auf der Großleinwand vorstellt. Tatsächlich geht es aber darum, dass die Intension des Mädchens war, ihre Brüder zu erlösen, koste es, was es wolle. Und sie bezahlt den Preis.

Für die meisten Kinder ist die innere Logik nachzuvollziehen und selbstverständlich. Gelegentlich wird weitergedacht. Ein Mädchen sagte einmal an der Stelle, dass das aber doch weh tue.

Während ich noch kurz überlegte, wie ich antworten sollte, sagte ein Junge zu ihr:" Das ist doch nicht schlimm! Der Finger wächst doch wieder nach." An diesem Beispiel lässt sich erkennen, dass es völlig unangebracht ist, das Erleben von Kindern mit erwachsenen Maßstäben zu messen. Kinder leben in einer "magischen" Welt. Physik- und Chemieunterricht kommen erst später- die entsprechenden eigenen schmerzhaften Erfahrungen wahrscheinlich auch. Der Maßstab muss sein, welche Märchen das Kind hören möchte und wie es damit umgeht.

Wenn sie alt genug sind, Tom und Jerry oder Roadrunner und den Kojoten erlebt zu haben, wie sie sich geprügelt und in Grund und Boden gekloppt haben, sollten Sie sich fragen, ob Ihr damaliges kindliches Gemüt unter dieser Brutalität gelitten hat? Hat es nicht? Warum sollte dann ein Kind darunter leiden?

Wichtig ist, dass das Kind reif genug ist, innere Bilder entwickeln zu können, die vom Vorlese oder Erzählen der Märchen ausgelöst werden. Dies ist selten vor dem vierten Lebensjahr der Fall. Davor liegt die Zeit der Bilderbücher, in der beim Betrachten der Bilder und dem dazugehörigen Erzählen durch eine ältere Person diese Fähigkeit geschult wird.

Kinder reagieren oft sehr originell auf Märchen, sie lernen dadurch, lösungsorientiert zu denken, ihr "Rucksack fürs Leben" wird gefüllt. Die Helden und Heldinnen in den Märchen zeigen uns immer wieder, dass es möglich ist, neue Wege einzuschlagen, neue Erkenntnisse dadurch zu entwickeln und das Lebensschiff neu auszurichten.

Märchen machen Mut!!! Sie schenken uns Lösungen, Ideen und Inspirationen. Auf alten Pfaden, können keine neuen Wege gegangen werden.

 

Welche Volksmärchen sind für Kinder geeignet?

 

Grundsätzlich gilt: das Märchen ist geeignet, für das sich das Kind interessiert.

Wenn ich als Mutter oder Vater ein Märchen für mein Kind aussuchen möchte, gibt es ein paar Punkte, die es zu beachten gilt:

Das Märchen sollte nicht zu lang sein und es sollte viele Wiederholungen geben. Als Beispiel kann Frau Holle dienen. Gold- und Pechmarie gehen dieselben Wege und erleben dieselben Situationen. Man kann beim zweiten mal fragen, was denn jetzt wohl passieren mag. Das schult die Merk- und Wiedergabefähigkeit, sowie die Fähigkeit aktiv zuzuhören. Darüber hinaus kann das Kind aktiv mitschütteln, wenn es um den Apfelbaum oder die Betten geht. Das gibt Kindern Sicherheit. Es weiß, was kommt, und hat Erfolgserlebnisse.

Tiermärchen sind für Kinder absolut faszinierend. Es gibt Möglichkeiten, in Rollenspielen einzutauchen, was das Erlebte erheblich intensiviert.

Kinder erleben auch Reime als besonders "merk-würdig".  Oft werden diese Reime als erstes im Gedächtnis behalten und unentwegt wiedergegeben. "Ach, wie gut, dass niemand weiß, dass ich Rumpelstilzchen heiss". " Oder auch "Spiegeln, Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land?" 

Die Sprachentwicklung, Sinn für Satzmelodie und Rhythmus werden gefördert.

Und zu guter Letzt, machen Märchen Mut. Sie schenken uns Lösungen, Ideen und Inspiration.

 

Kindergeburtstag für Bietigheim Bissingen Ludwigsburg, Vaihingen Enz, Maulbronn, Heilbronn, Marbach am Neckar, Steinheim an der Murr, Bönnigheim, Erligheim, Ingersheim, Sachsenheim und Umgebung

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Nicole Schneider
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